#nudelhalm

Schritt für Schritt. Vorsichtig bewege ich mich durch den frisch gestrichenen White Cube. Vier Wände, eine Decke, ein Boden. Alles weiss. Space! Ich bin nervös. In der linken Hand trage ich diese vier klitzekleinen Bilder. Es sind Malereien im Miniaturformat. Sie füllen gerade mal eine Fingerbeere aus. Ich muss sie hier irgendwo platzieren. Wand, Boden, Decke – wo, das ist mir egal. Die Komposition muss stimmen. LOL. So kleine Bilder habe ich noch nie gemalt.

Fingerbeerengross. Fingerbeere. Was für ein seltsames Wort. Ich habe dieses Jahr angefangen, Gojibeeren zu essen. Auch seltsam. Also beides, die Beere, vor allem aber auch, dass ich sie esse. Gojibeere. Die sei anscheinend gut, um Mahlzeiten zu überspringen oder sättigend oder so. Gojibeere. Ich habe die ganze Packung auf einmal gegessen.

Essen nervt mich manchmal eh. Eins. Zwei. Drei. Vier. Fünf Mahlzeiten am Tag. Jeden Tag. Fünf Packungen Gojibeeren am Tag. Ey nein. Eine Packung durch fünf und dafür mehr Zeit. Mehr Platz. Space! Ich platze. Ich muss die Bilder hier irgendwo platzieren. Brausetabletten nehme ich auch. Jeden Tag.

Eisen in Brausetablettenform. Durch einen Strohhalm. Sonst werden meine Zähne schwarz.

Der Schwarzekohlezahnpastatrend oder der Colgatewhiteningstripstrend? Wer gewinnt? Who is trending? Hashtag. HashtagTrending? #whitecube! Es sind übrigens nicht vier Bilder. Es sind übrigens fünf Bilder. Und ich muss sie übrigens hier irgendwo platzieren.

Aber wie heissen die langen Nudeln mit dem Loch in der Mitte? Früher hatte ich Plastikstrohhalme für die Brausetabletten, aber das kann man ja jetzt nicht mehr machen. Die aus Pappe sind ekelhaft. Pappmascheehalme. Es gibt welche aus Glas, aber die Nudelidee ist geil. #nudelhalm.

Der Nudelhalm als reales Objekt. „Die Darstellung realer Objekte wird auch als Figuration bezeichnet.“

Mal ich dich, wirst du zur figurativen Malerei. Eins. Zwei. Drei. Vier. Fünfmal malte ich dich. Schritt für Schritt. Im Miniaturformat. Fünf fingerbeergrosse Nudelhalmmalereien. Ich muss sie hier irgendwo platzieren. Wand, Boden, Decke – wo, das ist mir egal. Die Komposition muss stimmen. LOL. So kleine Bilder habe ich noch nie gemalt.

(*1989) schloss 2013 den Bachelor of Fine Arts an der Hochschule Luzern Design & Kunst ab. Sein Fokus liegt in der Malerei und der Kollaboration. 2015 konzipierte er gemeinsam mit dem Performance-Künstler Nils Amadeus Lange das Bühnenbild für dessen Werk „666“, welches im Tanzhaus Zürich gezeigt wurde. 2016 entwarf Hungerbühler das Printkonzept für die S/S 17 Kollektion der Schweizer Mode-Designerin Julia Seeman. Nach Atelierstipendien in Paris und Genua veröffentlichte er 2019 sein erstes Buch mit Texten und Fotografien. Hungerbühler nahm an diversen Gruppenausstellungen teil. Seine letzte Einzelausstellung „Ratatouille“ fand 2020 in Neuchâtel im Ausstellungsraum „Smallville“ statt. Hungerbühler lebt und arbeitet in Zürich.